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Die Malerin Annunciata Foresti organisiert neben der Produzentenausstellung „das kleine Format“,  jährlich einige Sonderausstellungen (meist Installationen)  für Kollegen in ihrem Ausstellungsraum des Ateliers. Im Sinne einer Vernetzung.
SZ Kultur 20.06.2015

PICASSO SPRICHT
Die geförderten Sonderausstellungen im Dießener Stellwerk enden mit einer Installation des Münchner Künstlers Nico Kiese, der in seinen Arbeiten Enge, Ausbruchsversuche und die Suche nach Freiheit thematisiert (Von Katja Sebald)

Der Ausstellungsraum im „Stellwerk“ an den DießenerBahngleisen dürfte zwar der mit Abstand kleinste im Fünfseenland sein, jetzt aber hat er sich noch einmal in einen großartigen Freiraum der Kunst verwandelt: Die Installation „Frei“ des Münchner Künstlers und Tassilo-Preisträgers Nico Kiese ist die letzte der neun vom Freistaat geförderten Sonderausstellungen, die Annunciata Foresti dort realisiert hat.

Foresti hatte das ehemalige Stellwerk vor einigen Jahren gekauft und renoviert, das Obergeschoss nutzt die Künstlerin seither als Atelier, das Erdgeschoss hat sie zur Begegnungsstätte für Kunst gemacht. Für ihr uneigennütziges Engagement im Kulturbereich wurde auch sie im vergangenen Jahr mit dem Tassilo-Preis der SZ ausgezeichnet. Im Rahmen der Sonderausstellungen ermöglichte sie verschiedenen Künstlern installative Ausstellungssituationen, die wegen ihrer nichtkommerziellen Ausrichtung anderswo nicht zu realisieren gewesen wären. Der letzte der so geförderten Künstler ist Nico Kiese. Der junge Mann, 1983 in Dachau geboren, hat bei Norbert Prangenberg an der Münchner Akademie studierte. Er greift nun auf höchst spannende Weise das Thema Freiheit in der Kunst auf.

Ausgangspunkt der Arbeit sind zunächst kleinformatige Bronzeplastiken, deren Formen an Nester, Blüten oder aufplatzende Samenkapseln denken lassen, die sich aber gegen eine endgültige Einordnung in die Welt der Gegenständlichkeit sperren. Die Bronzen sind nicht als „Kunstwerke“ auf Sockeln überhöht, sondern als „Kunst zum Anfassen“ in eine mehrteilige Installation integriert. Auf großen Wandtafeln und auf einem Foto, auf Objekten aus Drahtgitter und auf den Bronzen selbst finden sich Gitterstrukturen.Das Auf- und Durchbrechen dieser Gitter ist das bestimmende Motiv der Installation. Kabelstränge verbinden die einzelnen Teile formal, sie bilden auf den Tafeln den Schriftzug „FREI“. Und sie haben auch noch eine tatsächliche Funktion: Berührt der Betrachter mit einer Hand eine der Bronzeplastiken als Erdung und mit der zweiten bestimmte Punkte der Kabelkonstruktion, löst er damit eine Soundschleife aus.

Aus dem Off ertönt dann mit verzerrter Stimme ein Zitat von Picasso: „Museen sind nichts weiter als ein Haufen Lügen, und die Leute, die aus Kunst ein Geschäft machen, sind meistens Betrüger.“ Oder Sätze wie: „Art can make a connection between people.“ Oder einfach: „Libertà. Libertà. Libertà.“ Kiese greift die räumliche Enge des Ausstellungsorts auf, um höchst eindrucksvoll Enge, Eingesperrtsein, Ausbruchsversuche und die Suche nach Freiheit zu thematisieren. Er geht in dieser Installation bei weitem nicht nur formalen Aspekten nach, sondern auch der Frage nach dem Verhältnis zwischen Kunst und Kunstkonsument. In seinem Freiraum der Kunst aber macht er den Betrachter nicht betroffen, sondern auf spielerische Weise zum Akteur.

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